In Automatisierungsprozessen ist einer der Hauptaspekte die Autonomie. Je länger eine Anlage autark läuft, ohne dass ein Bedienereingriff erforderlich ist, umso weniger Personal ist erforderlich und umso größer ist der mögliche Ratio-Effekt der Automation (lesen Sie dazu auch auf unserer Wissensseite Automatisierungsmotive).
Ein wesentlicher Faktor für die Gesamtautonomie einer Anlage ist die Werkstückautonomie, also die Kapazität der Anlage um unbearbeitete und/oder bearbeitete Werkstücke zu speichern. Dazu werden unterschiedlichste Konzepte von Speichermagazinen verwendet, sehr häufig basieren diese auf dem Einsatz von Werkstückträgern, Paletten oder Trays in denen die Bauteile bevorratet werden (lesen Sie dazu auch auf unserer Wissensseite Werkstückträger, Paletten, Trays und Blister, Grundlage erfolgreicher Automation).
Diese Werkstückträger bieten neben der geordneten und orientierten Aufnahme der Bauteile noch den Vorteil, dass bei ihrer Handhabung gleich eine große Anzahl von Teilen auf einmal bewegt werden kann und dass man diese platzsparend stapeln oder mittels entsprechender Aufnahmen übereinander bevorraten kann. Somit reduziert sich die benötigte Fläche, z.B. im Vergleich zu einem Förderband.
Zu diesem Zweck gibt es unterschiedliche Konzepte diese Werkstückträger zu speichern bzw. zu stapeln.
Als Standardanlagen sind sie in der Regel kostengünstig.
Schubladensysteme bzw. Palettenwechselsysteme: Hier werden die Werkstückträger in festen Ebenen aufgenommen, die wechselweise entweder dem Roboter des Automatisierungssystems zur Entnehmen oder Beladen oder dem Bedienpersonal zur Verfügung stehen. Durch die klare Trennung ist die Personensicherheit gegeben und es können Teile ohne Unterbrechung des Automatisierungsprozesses nachgefüllt bzw. entnommen werden während die Anlage läuft. Beispiele aus unserem SUMO Standardprogramm für solche Systeme sind SUMO Duplex und SUMO Quatroplex sowie der SUMO Europlex. Limitierender Faktor für die Autonomie ist hier die Höhe, da die Ebenen übereinander angeordnet sind und sowohl im Arbeitsbereich des Roboters liegen müssen, als auch vom Bedienpersonal zur Bestückung ergonomisch erreicht werden können müssen.
Paternoster- oder Aufzugsysteme: Die zuletzt erwähnte Limitierung bei Schubladen bzw. Palettenwechselsystemen kann man durch Einsatz von Paternoster- oder Aufzugsystemen umgehen. Die Aufnahmen für die Werkstückträger und Paletten werden durch eine Hubeinheit verfahren und es kann so über die ergonomische Höhe der Bediener bzw. die vertikale Reichweite des Handlingsroboters hinaus gespeichert werden. Im Falle eines Paternostersystems gibt es in der Regel eine Rohteil- und eine Fertigteilseite und die Paletten werden nach Bearbeitung umgesetzt bzw. übergeschoben. Im Falle eines Aufzugsystems gibt es zum Bediener sowie zum Roboter Auszüge in der Bearbeitungs- bzw. Bestückungsposition und in die das Aufzugsystem die Paletten hebt oder absenkt. Beispiel für ein Paternostersystem ist unser SUMO Multiplex. Ein systembedingter Sachzwang ist, dass die Werkstückträger einzeln eingebracht sowie entnommen werden müssen. Das ist einerseits ergonomisch kein Vorteil, da das Bedienpersonal sowohl beim Bestücken als auch beim Entladen das komplette Werkstückvolumen samt Paletten handhaben muss, da kommt im Laufe eines Arbeitstages einiges zusammen. Weiterhin wird das Personal länger gebunden, da die Bestückung und Entladung des Systems länger dauert.
Traystapler bzw. Palettiersysteme: Bei diesen Systemen nutzt man die Stapelfähigkeit von Werkstückträgern, Trays und Paletten aus. Dadurch sind einerseits die vorgenannten Nachteile Ergonomie und Personalbedarf eliminiert bzw. minimiert. Weiterhin erreicht man so die bestmögliche Packungsdichte bei der Teilebevorratung.
Hier werden die Werkstückträger ergonomisch und schnell als Stapel in das Automationssystem eingebracht. In der Regel geschieht dies auf Wagen oder Bodenrollern, die während des Be- und Entladeprozesses in der Anlage verbleiben. Beispiele für solche Systeme sind der SUMO Ecoplex2 oder der SUMOMegaplex.
Neben dem schnellen und ergonomischen Materialwechsel bieten die Stapel auf den Wagen die Möglichkeit der Einbindung in ein fertigungsumspannendes Logistikkonzept. So kann der Fertigteilwagen des ersten automatisierten Prozesses, der neue Rohteilwagen für den nächsten Fertigungschritt sein. Es ergibt sich eine flexible und durchgängige Verkettung über mehrere Prozesse, die automatisiert werden Leseempfehlung Anwenderreportage "Automatisierung mehrstufige Serienfertigung".
Die Anzahl der aufgenommenen Stapel beeinflusst dabei einerseits die Autonomie und andererseits die erforderliche Bedienerverfügbarkeit. Hat der Palettierer zwei Stapel (ein Roh- und ein Fertigteilstapel) muss der Stapelwechsel durch den Bediener nach Abarbeitung des Stapels erfolgen, es steht dafür genau die Zeit, die die Anlage für die Abarbeitung einer Palette braucht, zur Verfügung, wenn eine Unterbrechung des Fertigungsflusses vermieden werden soll. Stehen mehr Stapel Speicherkapazität zur Verfügung, erhöht sich die Autonomie und die Flexibilität für das Bedienpersonal. Dafür steigt der Platzbedarf und der Traystapler wird aufwändiger und damit teurer. Im Kontext der Maschinenbeladung werden solche Systeme auch als Stapelzelle bzw. Stapelzellen bezeichnet. Ebenso werden oft die Begriffe Palettierer bzw. Palettieranlage verwendet
Bei Einsatz eines Industrieroboters zum Werkstückhandling, ergibt sich unter gewissen Voraussetzungen auch die Möglichkeit diesen auch zum Palettieren der Werkstückträger zu verwenden. Dadurch ergeben sich viele Vorteile. Die Kosten für ein separates System entfallen komplett. Um den Roboter herum können kreisförmig mehrere Stapel angeordnet werden, in der Regel mehr als ein Palettiersystem verarbeiten kann und daraus ergibt sich eine größere Autonomie. Voraussetzungen dafür, dass man diesen Lösungsweg beschreiten kann, ist jedoch, dass der Roboter stark genug ist um sowohl Werkstück als auch Werkstückträger zu handhaben und ausreichend Reichweite besitzt um alle Palettenpositionen zu erreichen. Weiterhin ist für den Palettenwechsel ein Greiferwechsel erforderlich, die Taktzeit des zu automatisierenden Prozesses muss also entweder ausreichend lang sein, oder das System so ausgelegt sein, dass während dem Palettenwechsel die Werkstücke in einen Puffer laufen, der dann bis zum nächsten Palettenwechsel wieder abgearbeitet wird. Last but not least gehört auch erwähnt, dass ein Teil der Kosteneinsparung für das nicht benötigte Palettiersystem durch entsprechende Einhausung der Werkstückträger-Stapel, Zugangstüren zum Stapelwechsel und Abschottungen vom Bediener zum Roboter aufgezehrt wird.
Ein Beispiel für eine solchen Lösungsansatz ist im Anwendungsbericht Intelligente Roboterautomation einer Werkzeugmaschine - Vollautomatisch zu höherem Output beschrieben.
Jedes der vier Konzepte hat also seine Vor-und Nachteile bei der Automatisierung von Prozessen mit Teilen in Werkstückträgern. Es müssen sehr unterschiedliche Randbedingungen des Einzelfalles abgewogen werden um funktionell und wirtschaftlich die beste Lösung zu finden.